
Daniela Gruber im Gespräch mit Maria Gottenhuber, ESG- und KI-Beraterin
Daniela Gruber: Frau Gottenhuber, wenn Sie jemand fragt: Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie persönlich?
Maria Gottenhuber: Nachhaltigkeit ist für mich mehr als ein Trend. Sie bedeutet Resilienz und Zukunftsfähigkeit – für Unternehmen genauso wie für unser persönliches Leben. Ich glaube fest daran: Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben.
Daniela Gruber: Viele Unternehmer:innen fragen sich: Warum muss ich mich mit ESG beschäftigen – lohnt sich das überhaupt?
Maria Gottenhuber: Ganz klar: Ja. ESG ist längst kein „Nice-to-have“ mehr. Ab 2026 werden Banken ESG-Risiken wie klassische Finanzrisiken prüfen. Das heißt: Ohne CO₂-Bilanz oder Transformationspfad wird Finanzierung teurer oder unmöglich. Aber es geht nicht nur ums Müssen: ESG macht Unternehmen resilienter, innovativer – und damit wettbewerbsfähiger.
Daniela Gruber: Über 100.000 Unternehmen weltweit nutzen EcoVadis. Warum wird ein gutes Rating heute immer mehr zum Wettbewerbsvorteil – und was unterschätzen Unternehmen oft?
Maria Gottenhuber: Ein EcoVadis-Score ist heute mehr als nur ein Zertifikat – er öffnet Türen. Viele Großkunden fragen gezielt nach, bevor sie eine Lieferantenbeziehung eingehen. Wer ein gutes Rating vorweisen kann, hat bessere Chancen bei Ausschreibungen, in neuen Märkten und bei internationalen Kooperationen.
Was viele unterschätzen: Der Weg zum guten Rating beginnt nicht beim Fragebogen. Er beginnt bei internen Weichenstellungen – also bei klaren Strategien, dokumentierten Prozessen und ehrlichen Maßnahmen. Wer das nicht vorbereitet, bleibt in der Oberfläche stecken und verspielt Vertrauen.
Daniela Gruber: Viele Firmen berichten, dass ihre Kund:innen bereits ESG-Standards oder CO₂-Bilanzen einfordern. Wie erleben Sie diesen Druck – und was raten Sie Unternehmen, die (noch) nicht vorbereitet sind?
Maria Gottenhuber: Der Druck ist real – und er nimmt zu. Große Konzerne geben ESG-Anforderungen entlang der Lieferkette weiter. Wer hier nicht vorbereitet ist, läuft Gefahr, Aufträge zu verlieren oder gar nicht erst berücksichtigt zu werden. Gleichzeitig gilt: Wer sich nachhaltig transformiert, schafft auch Umsatz. Kunden belohnen Unternehmen, die Verantwortung übernehmen.
Mein Rat: Nicht warten, bis der Druck zu groß wird. Fangen Sie pragmatisch an – mit einer CO₂-Bilanz, mit einem VSME-Bericht, mit ersten klaren Zielen. Es gibt tolle Förderungen, zum Beispiel in Oberösterreich das ÖkoPlus der Wirtschaftskammer. Oft reichen kleine Schritte, um sofort glaubwürdig zu werden. Wer jetzt handelt, ist dem Markt einen Schritt voraus.
Daniela Gruber: Viele Unternehmen fragen sich: „Wie starten wir eigentlich mit Künstlicher Intelligenz?“ – Wie gehen Sie da vor?
Maria Gottenhuber: Ganz pragmatisch, aber unbedingt systematisch – sonst macht jeder irgendetwas, ohne Klarheit über Nutzen und Ziel. Wir beginnen mit einem Workshop, in dem wir konkrete Anwendungsfelder identifizieren – abteilungsübergreifend, praxisnah und sofort umsetzbar. Oft entstehen schon am ersten Tag Quick Wins, die direkt Effizienz bringen. Danach begleiten wir die Unternehmen Schritt für Schritt: mit einer Roadmap, klaren Prioritäten und der Einbindung der Mitarbeiter:innen.
Mir ist wichtig: KI ist kein Selbstzweck. Sie muss Prozesse vereinfachen, Kosten senken und gleichzeitig Nachhaltigkeit unterstützen. Genau so entsteht Akzeptanz – und echte Wirkung. Da spricht auch die ehemalige Controllerin in mir: Als ich noch FICO-Leiterin war, hätte ich mir Werkzeuge wie KI oft gewünscht – heute können Unternehmen genau davon profitieren.
Daniela Gruber: Sie wurden von LinkedIn bereits mehrfach als Top Voice ausgezeichnet. Wie wird man eigentlich Top Voice?
Maria Gottenhuber: (lacht) Eigentlich gar nicht, indem man es anstrebt. Ich mache keine Strategie, ich poste einfach Themen, von denen ich denke: Das müssen die Leute wissen. Für mich ist LinkedIn ein Ventil. Ich lese die Zeitung, sehe Missstände – und formuliere Beiträge aus dem Herzen. Offen, klar und manchmal unbequem.
Offenbar berührt genau das viele Menschen, weil sie spüren: Ich meine es ernst, und ich rede nicht um den heißen Brei. So bin ich zuerst Top Voice Nachhaltigkeit im DACH-Raum geworden, und heuer sogar österreichweit als allgemeine Top Voice. Das freut mich sehr, weil es zeigt: Authentizität wirkt.
Daniela Gruber: Greenwashing ist ein Riesenthema. Wie können Unternehmen hier glaubwürdig bleiben?
Maria Gottenhuber: Indem sie ehrlich sind und Verantwortung übernehmen. Es gibt tolle österreichische Vorzeigeunternehmen, die zeigen, dass es geht. Mein Appell: Seid kritisch – und setzt auf echte Nachhaltigkeit statt auf schöne Bilder. Nur so bleibt Vertrauen bestehen. Und wenn ihr mir auf LinkedIn folgt, merkt ihr schnell, welche Unternehmen ich meine – und es werden immer mehr. Wie schön ist das!
Daniela Gruber: Sie sind Mitinitiatorin des „Sustainability Circle Oberösterreich“. Was steckt dahinter?
Maria Gottenhuber: Gemeinsam mit zwei Menschen, denen Nachhaltigkeit genauso am Herzen liegt wie mir, habe ich den Circle ins Leben gerufen – entstanden durch einen Besuch im wunderbaren Unpackbarladen in Linz. Wir treffen uns regelmäßig mit Nachhaltigkeitsmanager:innen und Geschäftsführer:innen, tauschen Erfahrungen aus und lernen voneinander. Abschauen erlaubt! Wir vernetzen große Unternehmen mit kleineren Vorzeigeprojekten – und so entsteht ein echter Kreislauf des Lernens.
Daniela Gruber: Und privat – wo leben Sie Nachhaltigkeit selbst im Alltag?
Maria Gottenhuber: Für mich zählt: dort einkaufen, wo Zukunft gestaltet wird. Der Preiszettel bestimmt die Welt, in der ich leben möchte. Darum kaufe ich bio, regional, saisonal und fair. Ja, man muss sich damit beschäftigen – aber es zahlt sich aus und gibt mir das gute Gefühl, einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Wer mir auf LinkedIn folgt, spart sich diese Recherchezeit, weil ich meine Tipps laufend teile. Das ist kein Verzicht, sondern Lebensqualität. Achtsamkeit im Alltag macht mich dankbar – und ich verschwende weniger.
Daniela Gruber: Zum Abschluss eine persönliche Frage: Was bedeutet für Sie Luxus?
Maria Gottenhuber: Luxus ist für mich kein teures Auto, keine Handtasche und auch keine Flugreise. Luxus ist Zeit – für meine Liebsten, für Gespräche, für Natur. Luxus ist, im Zug nach Kärnten zu sitzen und eine alte Freundschaft nach 35 Jahren zu feiern. Luxus ist, bewusst zu leben und zu spüren: Ich lebe im Jetzt – und ich gestalte Zukunft mit.
Dazu gehört für mich auch: mir Zeit zum Kochen zu nehmen – mit den besten, saisonalen Bio-Lebensmitteln aus der Region. Und dieses wunderbare Essen, wann immer es möglich ist, mit meiner Familie zu genießen.
Vielleicht hat es auch mit dem zu tun, was Mário de Andrade so treffend formuliert hat: „Wir haben zwei Leben – und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.“ Je älter ich werde, desto mehr spüre ich: Luxus ist Gelassenheit. Gelassenheit, wenn im Urlaub Regen fällt. Gelassenheit im Familienalltag, auch mit pubertierenden Kindern. Luxus ist Dankbarkeit, in diesem Teil der Welt geboren zu sein.
Echter Luxus bedeutet für mich: keine Zeit mehr verschwenden, sondern sie bewusst mit Sinn zu füllen – mit Menschen, die mir guttun, und mit Projekten, die unsere Zukunft lebenswert machen.
Schlusswort von Maria Gottenhuber:
„Seien wir dankbar, dass wir in diesen Breiten leben. Nutzen wir diese Chance, um Verantwortung zu übernehmen – für uns, unsere Kinder und die Zukunft.“